Sonntag, 1. November 2015

Zum Sonnenaufgang auf den Brocken

Schon länger kreiste es in meinem Kopf 500km am Stück zu fahren. Motiviert durch anstehende Events wie HH-Skagen-HH sollte der Plan auch zügig umgesetzt werden. Das Ziel war schnell gefunden „der Brocken“, mein Lieblings Berg, die Strecke ca. 250 hin und 250 zurück.
Jetzt muss es nur noch in den Kalender passen, das Wetter sollte einigermaßen mitspielen und die Tour kann beginnen.

Am vergangenen Freitag, der letzte im Oktober, war es dann so weit, alles schien zu passen und es konnte losgehen.



Das Rad, mein neuer Renner ein Centurion Hyperdrive Disc 400 (Danke nochmal an Fredi´s Radshop) , stand bereit. Aufgerüstet mit 28mm Tubeless Reifen, Auflieger, Zusatzakku für den Garmin, Beleuchtung und extra angebrachte Reflektionsfolie konnte es in die Nacht gehen.
Gegen 20:30 Uhr rollte ich vom Hof, die Temperaturen lagen um die 4 Grad und es war nebelig, nach 20 Kilometer hatte ich Betriebstemperatur und ich musste mein Langarmshirt unter der Jacke ausziehen. So ging es die ersten 50km durch gut bekanntes Revier bis zur Elbbrücke bei Dömitz, dann weiter nach Salzwedel und ein kurzes Ende auf der B71 um dann wieder auf beruhigten Nebenstraßen weiter zu fahren. Nach ca. 140km und knapp 5 Stunden unterwegs war „Flasche leer“ ich dachte in Oebisfelde eine Tankstelle zu finden. Dem war nicht so, doch da sah ich zufällig einen netten Mitbürger, der sich grad ein Bier aus seinem Transporter holte, sprach ihn an und ich konnte meine Wasserflaschen in seiner Wohnung auffüllen. Coole Aktion, einfach mal nett fragen reicht oft. So ging es mit vollen Flaschen und einem kurzen Plausch weiter in Richtung Sonnenaufgang.
7:08 auf dem Brocken war das Ziel!
Ich rollte weiter durch die Nacht, es gab nicht viel zu sehen, mehr so der Tunnelblick im Lichtkegel meiner Lampe. Ich hatte mir das Navi vorsorglich vom Vorbau zwischen die Griffe vom Auflieger geklemmt, so konnte ich entspannt aufs Navi schauen ohne viel den Kopf zu bewegen. Das erwies sich als sehr komfortabel und auch sicher.
Irgendwo kurz hinter Helmstedt, auf dem Radweg neben der B244 Stand ich plötzlich mitten in einer Wildschweinrotte, ich kam gerad so zum Stehen, fühlte mich umzingelt von vielleicht 10-15 riesen Schweinen und bekam leichte Panik. Doch dann tat sich eine kleine Lücke auf und ich konnte mich mit ein paar beherzten Umdrehungen aus der Situation befreien. Puh, das war Angst! Irgendwie hatte sich die Situation angekündigt, da kurz vorher schon Sehr viel Dreck auf dem Weg lag und es am Rand sehr aufgewühlt war.
Hatte ich schon erwähnt, dass der Wind die ganze Zeit von vorne kam? Immer schön aus Süd-Ost das motivierte schon mal für die RückfahrtJ. Ich musste mich immer wieder zwingen ruhiger zu machen, den Puls schön unten halten „Du machst hier ne Tour und kein Rennen“ redete ich mir zu.
Der Nebel war weg, die Sterne waren klar zu sehen und es ging langsam aber stetig immer höher. Gegen 5 Uhr rollte ich in Wernigerode ein, also noch gut zwei Stunden bis zum Sonnenaufgang. Jetzt eine Pause wäre schön, war aber leider nicht drin, also raus aus Wernigerode und rein in die Anfahrt zum Brocken. Drei-Annen Hohne, Bahnhof, Schierke am Bäcker vorbei (oh nein) und die letzten 10 Kilometer bis zum Gipfel, es wurde langsam hell und die null Grad waren nicht zu spüren.


 6:45 Uhr „Halfway Point“ ich war oben auf dem Brocken und das nicht als einziger, ein freundliches Guten Morgen, Daunenjacke drüber, das Rad an den Stein gelehnt um das Brocken Foto zu machen und freuen.


Die klare Sicht versprach einen grandiosen Sonnenaufgang, genauso habe ich mir das gewünscht. 10 Minuten nichts machen, einfach nur freuen. Ich hatte von zu Hause ein Mon Cheri als Wegzehrung mit bekommen, den konnte ich hier oben so richtig genießen.




Nach dem die Fotos in der Tasche bzw. im Handy waren rollte ich wieder runter und da war er, mein Lieblingsbäcker am Brocken. Ich wurde nett begrüßt und nach dem obligatorischen Frage und Antwortspiel „wo kommst Du her, wo willst Du hin“  war kurz Ruhe im Laden. Eine nette Dame sagte dann gleich das sie mich heute Morgen im Dunkeln schon gesehen hat und sie fand es toll wie gut ich zu sehen war, hat sich mein Christbaumschmuck scheinbar bewährt J.

Nach einer kurzen Pause sollte es dann auch schon wieder weiter gehen, die ersten 10 km von der Rücktour hatte ich ja schon im Sack. Gegen 8 Uhr saß ich dann wieder im Sattel und konnte mich bis Wernigerode rollen lassen, es wurde langsam wärmer und die Stimmung war gut. Ich hatte den Kurs so geplant, dass ich auf der Ostseite hin und auf der Westseite über Wolfsburg zurück fahre. Wie schon so oft getäuscht meint man ja ab dem Brocken nur noch bergab zu rollen, das dem nicht so ist spürte ich am Elm, als es dann doch noch mal kurz über 300 m hinauf ging. Ich sehnte mich nach einer Pause, dafür war es aber noch zu früh. So fuhr ich weiter durch die schöne Herbstlandschaft und ließ mir von der Sonne den Rücken wärmen. Nach 360 km war ich vorbei an Wolfsburg, in dem kleinen Örtchen Rühen angekommen, hier gab es dann die erste Pause nach dem Brocken. Kaffee und Kuchen, den Körper kurz mal durchstrecken und die Trinkflaschen wieder füllen. Das ganze sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Die nächsten Stunden verliefen recht zäh, die Sonne war weg und es wurde diesig, zum Glück schob der Rückenwind an einigen freien Stellen ganz gut. Ich nenne das mal ein Tief! Das dauerte genau bis KM 400, danach war wieder alles so wie es sollte, die 400er Schwelle war wieder so ein magischer Punkt “noch 100 bis nach Hause“ das motiviert und mobilisiert Reserven. Äh, welche Reserven, Reserven hatte ich schon lange keine mehr und Druck am Pedal erst recht nicht, das einzige was wirklich gut ging war die Trittfrequenz. Eine letzte Pause gönnte ich mir in Dannenberg bei MD, ich brauchte jetzt was zu essen und einen schönen Latte. Mittlerweile war die Sonne wieder da und so konnte ich die kurze Pause sehr genießen.
Der Rest war Heimspiel, ab über die Elbbrücke von da dann nur noch 50 km bis vor die Haustür. Am Ende hieß es dann doch nochmal die Beleuchtung einschalten. Kurz vor meinem zu Hause standen dann die magischen 500 auf dem Garmin, ein tolles Gefühl wenn du genug Zeit hast dich selbst über deine erbrachte Leistung zu freuen. So rollte ich mit einem breiten Grinsen durch die Nacht. Ich freute mich auf zu Hause, hier wurde ich freudig und sehnsüchtig in Empfang genommen.

Was für ein toller Tag