Dienstag, 28. Juni 2016

Transcimbrica HH » SKAGEN » HH 2.0

Am 17. Juni sollte ich eigentlich am Start der Grenzsteintrophy stehen, doch irgendwie kam alles anders. Um die GST im Guten zu beenden hätte leider mein Zeitfenster von 4 bis 5 Tagen nicht gereicht und diese dann irgendwo am Brocken zu beenden war für mich keine Option. Ein neues Abenteuer musste her und wurde schnell gefunden, hatte ich doch noch eine Rechnung mit Transcimbrica offen, welches ich im Frühjahr nicht beenden konnte.


Gesagt getan liefen die Vorbereitungen an und ich saß am Donnerstagabend im Zug in Richtung Hamburg. 



Hier kam es dann zu einem kleinen Veteranen Treffen der Transcimbricaner im Timless in Blankenese, bei Bier und Kaffee ließ es sich gut fachsimpeln. Danke an Thees, Harald und Stefan fürs einstimmen, das war eine tolle Geste. Typisch Hamburg fing es gegen 23:30 Uhr an mit regnen und es war klar der Start erfolgte in Schutzkleidung. Pünktlich 00:01 schickten mich die Jungs in die Nacht, ich war hoch motiviert und voll bei der Sache auch wenn ich jetzt schon 17 Stunden nicht geschlafen habe.
Nach gut einer Stunde war es trocken und ich konnte meine Regensachen verstauen, es rollte ganz gut dahin, immer leichten Wind von vorne. Der Vorteil der frühen Startzeit machte sich klar bemerkbar, keine rote Ampeln oder es gab keinen dort Grund zu stoppen, keine hupende Autos, einfach nur fahren.


Kurz vor halb 4 erreichte ich die Fähre über den Nord-Ostsee Kanal in Oldenbüttel, der Fährmann kam sofort und setzte mich über, nächster Halt  6:30 Uhr beim Bäcker in Flensburg bei Kilometer 170.







7:23 Uhr rollte ich dann frisch gestärkt über die Grenze nach Dänemark. Alles kam mir sehr bekannt vor und so fuhr ich ganz unaufgeregt, bei bestem Wetter in die nächste Etappe. Es dauerte auch nicht lang und da waren sie, die geliebten Schotterpisten.


Ich hatte im Kopf so alle 100 Kilometer zu stoppen um meine Trinkflaschen aufzufüllen und eine kleine Pause zu machen. Nach 113 km im Ort Bække, es war so um die Mittagszeit macht ich den nächsten Stopp. Ich war müde, hab ich doch jetzt schon über 30 Stunden nicht geschlafen. 


Okay, kurz mal entspannt ins Gras gelegt und nach 50 Minuten saß ich wieder im Sattel.




Ich hatte viel Spaß am Fahren und erfreute mich der schönen Landschaft, sind wir hier doch im März bei 0 Grad, Regen und im Dunkeln gefahren. An viele Streckenpunkte konnte ich mich gut erinnern, in Viborg bin diesmal einfach durchgefahren. Die Tageszeit und die langen Öffnungszeiten der kleinen Einkaufsläden ließen  immer wieder Freiraum um die Stopps dem jeweiligen Umstand anzupassen. Kurze Zeit später, in einer dieser vielen Schotterpassagen hatte ich dann einen Platten, das Loch war zu groß für die Dichtmilch und ich konnte endlich mal die Maxalami ausprobieren. Super leicht in der Anwendung und sofort dicht, kurz Luft nachpumpen und weiter geht’s. Super dieses Zeug!


Bei Kilometer 450 am Ortsrand von Hobro hatte ich dann wieder die Möglichkeit mich zu versorgen, ich fühlte mich gut und konnte nach 20 Minuten weiter fahren. Nächster Halt, Aalborg bei Kilometer 505.


Der MD im Centrum war so überlaufen das ich gleich weiter fuhr, es gibt ja noch einen an der Strecke der etwas weiter draußen liegt. Hier war ich gegen 22:30 Uhr, WC, Essen, WC , Wasserflachen auffüllen für die Nacht und 40 Minuten später ging es wieder weiter.
Ich hatte mir nicht von Anfang an in den Kopf gesetzt bis nach Skagen durchzufahren, ich wolle es spontan entscheiden und auch jetzt war ich  mir noch nicht sicher ob ich es will. Ab Aalborg geht es leicht Richtung Nord-Ost und so schob der Westwind ein wenig an. Noch immer fühlte ich  mich gut, es war noch hell und ich hatte Spaß. Ohne große Zwischenstopps konnte ich bis Skagen durchfahren, ich erreichte den Wendepunkt nach 615 Kilometer um 3:30 Uhr, das waren 27,5 Stunden ab Start.




Das Kassenhäuschen bot einen guten und vor Wind geschützten Schlafplatz, es gab Toiletten und warmes Wasser. Schnell die Neoair aufgepustet, in den Schlafsack gekrabbelt und sofort eingeschlafen. Ums aufwachen macht ich mir keine Sorgen, irgendeiner wird mich schon wecken wenn ich ihm im Weg liege. Ich habe super geschlafen und wurde 7:25 Uhr durch einen lieben Anruf von zu Hause geweckt, gefühlt etwas zu früh war ich jetzt wach und langweilte mich in meinem Schlafsack. Nach der Morgentoilette packte ich in aller Ruhe meine Sachen zusammen, kurz überlegte ich noch den Punkt Grenen zu erreichen, doch auf 3,5 Kilometer Wandern hatte ich wirklich keine Lust.
Zurück im Sattel spürte ich gleich was mich den ganzen Tag begleiten wird. Der Wind kam weiterhin aus Westen und er war deutlich zu spüren. Um 9 Uhr saß ich dann beim Bäcker, Kuchen, Brötchen, Caffe Latte…… ein Traum. Free Wlan beim Bäcker ist hier total normal! Ein guter Ort um zum Verweilen, doch nach 15 Minuten fuhr ich weiter.







Immer noch keinen richtigen Plan fuhr ich in den Tag mit dem Ziel das maximale an Kilometer raus zu holen. Ab heute ist dann alles Neuland für mich, den Vorteil von Strecken Kenntnis konnte ich heute nicht nutzen. Es sollte ein harter Tag werden, flache Vegetation ließ den Wind schön Fahrt aufnehmen und es gab kaum Möglichkeiten sich zu verstecken. Die Landschaft war toll und die Temperaturen sehr angenehm.
Der nächste größere Stopp sollte wieder nach 100 Kilometer sein, doch benötigte ich heute deutlich mehr Zeit als gestern. 13:50 Uhr war ich in Hune, 35 Minuten Pause mit Verpflegung beim Aldi.


Noch im immer ging es gegen den Wind, ein ständiges drücken, mal eben etwas rollen lassen war nicht drin. Auch heute gab es wieder ausreichend Schotter. Die ständigen Gravel-Einlagen zerren ganz schön an meinem Körper, es kostet deutlich mehr Kraft und die Sattelschläge am Hintern schmerzen bereits wie kleine Nadelstiche.  Dem Rest von mir ging es erstaunlich gut, kein Rücken, keine eingeschlafenen Hände auch der Kopf war da, auch wenn es heute bereits durch einige Täler ging. Gefühlt bekam ich heute keine Kilometer auf die Uhr, das lag einerseits an dem unterirdischem Schnitt und die Tatsache, dass ich von der Uhrzeit her spät losgefahren bin.


19:30 Uhr Koldby bei ca. 210 Kilometer, kurzer Verpflegungsstopp, keine Zeit für lange Pausen, nach 10 Minuten geht es wieder weiter. Der Kurs geht die letzten Kilometer in Richtung Süd-West, der Wind kommt jetzt mehr von der Seite. Das ist viel, viel besser. So langsam hatte ich mir einen Plan zu Recht gelegt, ich wollte bis ca. 0 Uhr fahren, dann 4 Stunden schlafen und dann wieder weiter. Bei diesen Entfernungen ist es schwer sich festzulegen, es kann so viel passieren. 




Der  Kurs ging wieder ein Stück Richtung Westen bis er mit Erreichen des Nissum Fjord komplett auf Süd ging.




23:30 erreichte ich den Hafen von Thorsminde und entdeckte gleich eine große Grillhütte, ein guter Platz zum Schlafen. Hab nicht lange gebraucht bis ich bettfertig war. Im letzten Laden hatte ich mir noch ein Bier gekauft, was für ein Genuss. Den Wecker habe ich mir auf 4 Uhr gestellt, hab geschlafen wie ein Murmeltier.



4:30 Uhr  saß ich wieder auf dem Rad, keine 3 Kilometer unterwegs gab es so ein immer wiederkehrendes Klickern vom Hinterrad. Ich hab mir einen langen dünnen Nagel eingefahren der in die Lauffläche eingedrungen ist und an der Seitenwand rausschaute.  Hab ihn einfach raus gezogen, die Stelle nach unten gedreht und die gute Dichtmilch hat die Sache sofort geregelt. Ein paar Stöße mit der Pumpe hab ich dann aber noch dazu gegeben.  Kurz vor 8 Uhr hatte ich dann die 1000 Kilometermarke meiner Tour erreicht, noch 338 bis zum Ziel, da kann man schon mal anfangen zu rechnen. Ein schöner Zeitvertreib.


Ohne Frühstück, jedoch mit gutem Wind konnte ich in 5 Stunden die ersten 125km bis nach Esberg fahren, hier gönnte ich mir 45 Minuten Pause. Was an Essen übrig blieb, fand Platz in meinen kleinen Taschen am Lenker, immer gut erreichbar um während der Fahrt zu futtern. 




Ich hatte noch ein tolles Erlebnis, als plötzlich von hinten das Pacecar einer Rennrad Veranstaltung zu mir auffuhr und mir während der Fahrt einen Apfelsaft aus dem Fenster reichte und mir viel Glück für meine Fahrt wünschte.



13:45 Uhr erreichte ich die Grenze nach Deutschland, völlig unspektakulär, watt hier ist ein Grenzübergang?
16:40 Uhr Husum, auf dem Marktplatz ist irgendein Fest, am Schwenkgrill komme ich leider nicht vorbei, das musste jetzt sein. Ortsausgang gehe ich dann noch in die Tanke, die nette Dame füllt meine Flaschen auf und ich genieße einen großen Cappuccino.
Es ist 17:25 als ich mich wieder auf den Weg mache, nur noch 145 Kilometer bis nach Blakenese, heute noch dort anzukommen sollte machbar sein. Viel Puffer bleibt aber nicht, also fahre ich was geht.


Auf der Brücke über den Nordostseekanal steht mein Freund Stefan, der die letzten Kilometer mit mir zusammen fahren möchte, ein tolle Überraschung und Freude. Viel Zeit zur Begrüßung gebe ich uns aber nicht, irgendwo kommt uns auch der Thees entgegen, der sich nicht mehr zu Hause im Sessel halten konnte. 



Per Livetracking über Greenalp  habe ich alle 5 Minuten meine Position auf einer Googlekarte aktualisiert, so wussten die Jungs (und Familie) immer wo ich mich gerade befinde. 


Es wurde langsam dunkel und gemeinsam hatten wir eine Menge Spaß. Es war zu merken, wie mir mit immer dichter kommendem Ziel die Kraft weg blieb. Ein Ausreißversuch um den KOM „Kösterberg“ anzugreifen beendete ich nach 0,5 Sekunden.
Am 19. Juni 2016,  23:32 stehe ich am Bahnhof Blankensese. Was für eine geile Tour, ich bin immer wieder selber überrascht was alle geht wenn man nur macht. Am Ende stehen 1338 Kilometer auf dem Tacho, reine Fahrzeit 54:31, Zeit unterwegs 71:32 !
Danke an Thees und Stefan für die Strecke und Inspiration und an alle die mir die Daumen gedrückt haben.


Ob ich jetzt im März 2017 wieder am Start stehe……ich lass mich überraschen.